1745: Händel: Oratorium Belshazzar

Den Sinn der Zeichenschrift verstehn wir nicht

1. Akt, 1. Szene: Der Palast in Babylon:
Ach unstet eitles Los der Menschen Herrschaft: Bei voller Reife angelangt, erfasst sie alles um sich her, verhöhnt das Recht,  raubt, verwüstet, verheert die bange Welt. Zuletzt, voll angeschwellt zu Riesengröße, ernährt das Ungetüm im eignen Schoße Stolz, Üppigkeit, Verderbnis, Eidbruch und Zwietracht, faule Seuchen eines Staates, die ihm das Mark zerstört

1. Akt, 2. Szene
Wie breit die Gräben. Wie tief ihr Fall.
Welch hohe Türm´ umdrohn den Wall
….
Uns gilt ihr Hohn, die sich vor Not bewahrt durch volle Speicher wohl für zwanzig Jahr vor Überfall gedeckt durch Eisentor und Riesenmauern, durch des Euphrat Flut noch mehr geschützt. ´s ist diese Sicherheit, die hilft sie zu verderben

1. Akt , 4 Szene:
O wer ertrüg so zügellose freche Lustbarkeit, von Euch Freiheit und Freude mißbenannt. Wo alles tobt in wilder Schwelgerei, in lärmendem Geschrei, unzüchtgem Scherz, in niedrem Spott und wildem, trunk´nem Mut…

1. Akt , 4 Szene:
Was tun die hier? Sie schmollen bei unserer Lust und neiden Freuden uns, die sie entbehren. Doch nun soll dies verkehrte finstere Volk uns das Festgelag verschönen

Zweiter Akt, 2. Szene
Furchtlos dringet ein, wissend, daß die, die wir bekämpfen…nun all im Schlaf, im Rausch und in Verwirrung: Ein wehrlos Volk! Vollends, wenn sie uns sehn inmitten ihrer Stadt

Zweiter Akt, 2. Szene
O schrecklich Wunderwerk! Doch sieh, es schwand
und ließ die Schrift von fremder Hand
Vielleicht des Schicksals strenger Spruch
kündend dem Staat Verderb´ und Fluch
O wer, wer ist in diesem Kreis
der uns die Schrift zu deuten weiß.

O Herr, unmöglich ist, was du begehrest
den Sinn der Zeichenschrift verstehn wir nicht

Vor dem Tore verweilt ein Mann im Kreis der jüd´schen Sklaven….Daniel heißt er im Volk….er liest dir Schrift dir und deutet sie

Ich les den Urteilsspruch! und du sollst nun zum Schrecken ihn verstehn: Du verehrtest Götter von Gold und Silber, Erz, Eisen, Holz und Stein, die ohne Aug´, Ohr und Sinne sind…

Zweiter Akt, 3. Szene
Dies trunkene Volk versperrt uns nicht den Eingang. Feind sei uns keiner hier als dieser König. Sank er dahin, ist unser Ziel erreicht. O tapfere Schar, befleckt nicht das Schwert mit wüstem Morde…..

Oratorium von Georg Friedrich Händel, Libretto von Charles Jennens:
Die Uraufführung fand am 27. März 1745 am King´s Theatre in London statt.